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Rechtliche Grundlagen für Gastronomiebetriebe: Zahlungsrecht, Speisekartenbindung und Genehmigungen

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Von Gastro hoch.drei

Veröffentlicht am 10.04.2025

  • 12 min. Lesezeit
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    In der deutschen Gastronomiebranche sind rechtliche Rahmenbedingungen ein entscheidender Faktor für einen erfolgreichen Geschäftsbetrieb. Gastronomen sehen sich mit einer Vielzahl von rechtlichen Vorschriften konfrontiert – vom Zahlungsverkehr über vertragliche Bindungen bis hin zu behördlichen Genehmigungen. Dieser umfassende Leitfaden beleuchtet die wichtigsten rechtlichen Aspekte, mit denen Restaurantbetreiber, Cafés und Bars in Deutschland konfrontiert sind, und bietet praxisnahe Lösungsansätze.

    Zahlungsrecht in der Gastronomie

    Bargeldloser Zahlungsverkehr und Bargeldzahlungspflicht

    Das Thema Zahlungsmodalitäten sorgt in der Gastronomie immer wieder für Unsicherheit. Grundsätzlich gilt in Deutschland: Es besteht keine generelle Pflicht zur Annahme von Bargeld. Gastronomiebetriebe können daher durchaus auf bargeldlose Zahlungen bestehen – sofern dies vor Vertragsschluss (also vor der Bestellung) deutlich kommuniziert wird.

    Die rechtliche Grundlage hierfür bildet § 311 BGB in Verbindung mit dem Grundsatz der Vertragsfreiheit. Als Gastronom können Sie die Bedingungen Ihres Angebots selbst festlegen und somit auch bestimmen, welche Zahlungsmittel Sie akzeptieren. Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass Euro-Banknoten und -Münzen als gesetzliches Zahlungsmittel grundsätzlich annahmepflichtig sind, wenn keine anderweitige Vereinbarung getroffen wurde.

    Praxistipp: Möchten Sie ausschließlich bargeldlose Zahlungen akzeptieren, kommunizieren Sie dies klar und deutlich am Eingang, auf der Speisekarte und auf Ihrer Website.

    EC- und Kreditkartenzahlungen

    Bei der Annahme elektronischer Zahlungsmittel sind ebenfalls rechtliche Aspekte zu beachten:

    1. Entgeltklausel: Seit 2018 ist es nach § 270a BGB unzulässig, für die gängigsten Zahlungsarten (SEPA-Lastschrift, SEPA-Überweisung, EC- und bestimmte Kreditkarten) zusätzliche Gebühren zu erheben.
    2. Technische Anforderungen: Gemäß der Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 müssen elektronische Zahlungen durch starke Kundenauthentifizierung abgesichert sein.
    3. Kassenbon-Pflicht: Seit dem 1. Januar 2020 gilt die Belegausgabepflicht nach § 146a AO auch bei elektronischen Zahlungen – unabhängig von der Höhe des Betrags.

    Digitale Zahlungsverfahren

    Die Nutzung von Smartphone-Apps zur Zahlungsabwicklung nimmt stetig zu. Rechtlich relevant sind hier insbesondere Datenschutzaspekte. Bei Nutzung digitaler Zahlungsdienste müssen Sie:

    • Eine rechtskonforme Datenschutzerklärung bereitstellen
    • Die Datenverarbeitung auf das notwendige Minimum beschränken
    • Kundendaten ausreichend vor unbefugtem Zugriff schützen

    Gerichtsentscheidung: Das OLG München (Az. 29 U 2900/19) hat entschieden, dass ein Gastronom, der PayPal als Zahlungsmethode anbietet, auch verpflichtet ist, diese Zahlungsmethode seinen Kunden diskriminierungsfrei zur Verfügung zu stellen.

    Speisekartenbindung und vertragliche Verpflichtungen

    Rechtliche Natur der Speisekarte

    Die Speisekarte stellt rechtlich betrachtet eine “invitatio ad offerendum” (Einladung zur Abgabe eines Angebots) dar und noch keinen verbindlichen Vertrag. Der eigentliche Vertragsschluss erfolgt erst, wenn der Gast bestellt (Angebot) und der Gastronom die Bestellung annimmt.

    Preisbindung und Änderungsmöglichkeiten

    Sobald ein Gast bestellt hat und der Gastronom diese Bestellung angenommen hat, ist der Preis verbindlich festgelegt. Eine nachträgliche Preiserhöhung ist rechtlich nicht zulässig. Dies basiert auf § 145 ff. BGB zum Vertragsschluss.

    Für eine rechtssichere Handhabung sollten folgende Punkte beachtet werden:

    1. Preisangabenverordnung: Nach § 5 PAngV müssen Gesamtpreise inklusive Mehrwertsteuer und sonstiger Preisbestandteile angegeben werden.
    2. Änderungsvorbehalte: Formulierungen wie “Tagespreis” oder “Marktpreis” sind zulässig, sofern dem Gast vor Bestellung der konkrete Preis mitgeteilt wird.
    3. Saisonale Preisänderungen: Die Speisekarte sollte regelmäßig aktualisiert werden, um marktgerechte Preisanpassungen vornehmen zu können.

    Beispiel aus der Rechtsprechung: Das AG München (Az. 242 C 12187/18) hat einem Gast Recht gegeben, der den auf der Speisekarte angegebenen Preis verlangte, obwohl der Gastronom zwischenzeitlich seine Preise erhöht hatte, dies aber nicht in der Speisekarte aktualisiert hatte.

    Allergenkennzeichnung und Informationspflichten

    Die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) verpflichtet Gastronomen zur Information über bestimmte Allergene und Zusatzstoffe. Diese Informationspflicht kann durch:

    • Direkte Angaben auf der Speisekarte
    • Gut sichtbare Aushänge
    • Mündliche Auskunft durch geschultes Personal (mit schriftlicher Dokumentation zur Einsicht)

    erfüllt werden. Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 50.000 Euro.

    Behördliche Genehmigungen für Gastronomiebetriebe

    Gaststättenerlaubnis nach dem GastG

    Die Gaststättenerlaubnis nach § 2 GastG ist die grundlegende Betriebsgenehmigung für die meisten gastronomischen Betriebe. Voraussetzungen für die Erteilung sind:

    1. Persönliche Zuverlässigkeit: Nachzuweisen durch polizeiliches Führungszeugnis und Auszug aus dem Gewerbezentralregister
    2. Sachkunde: In den meisten Bundesländern durch IHK-Unterrichtung oder fachbezogene Ausbildung
    3. Geeignete Räumlichkeiten: Nachzuweisen durch Baugenehmigung und Nutzungsänderung

    Die Kosten für eine Gaststättenerlaubnis variieren je nach Bundesland und Betriebsgröße zwischen 100 und 2.000 Euro.

    Hygienerechtliche Genehmigungen

    Nach der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 benötigen Gastronomiebetriebe eine Zulassung oder Registrierung beim zuständigen Lebensmittelüberwachungsamt. Hierzu gehören:

    • Registrierung des Betriebs nach Art. 6 der VO (EG) Nr. 852/2004
    • Implementierung eines HACCP-Konzepts
    • Regelmäßige Mitarbeiterschulungen nach §§ 42, 43 IfSG

    Wichtig: Seit Januar 2023 gilt in Deutschland die Lebensmittelhygiene-Durchführungsverordnung (LMHDV), die zusätzliche Dokumentationspflichten vorsieht.

    Genehmigungen für Außengastronomie

    Die Nutzung von Außenflächen (Terrassen, Gehwegen) unterliegt besonderen genehmigungsrechtlichen Anforderungen:

    1. Sondernutzungserlaubnis: Erforderlich für die Nutzung öffentlicher Flächen nach § 8 Bundesfernstraßengesetz bzw. entsprechenden landesrechtlichen Regelungen
    2. Immissionsschutz: Beachtung der TA Lärm und lokaler Lärmschutzverordnungen, insbesondere bei Abendöffnung
    3. Baurecht: Bei fest installierten Einrichtungen wie Markisen oder Windschutz ist häufig eine bauaufsichtliche Genehmigung erforderlich

    Das Verwaltungsgericht Berlin hat 2023 entschieden (VG Berlin, Az. 1 K 388/22), dass eine Außengastronomie, die regelmäßig nach 22 Uhr betrieben wird, einer erweiterten immissionsschutzrechtlichen Prüfung bedarf.

    Praxishinweise für die rechtssichere Gastronomieführung

    Dokumentationspflichten

    Eine sorgfältige Dokumentation kann im Streitfall entscheidend sein:

    1. Hygienedokumentation: Tägliche Temperaturkontrollen, Reinigungspläne und Schulungsnachweise
    2. Kassenbuchführung: Gemäß § 146a AO manipulationssichere Kassensysteme mit zertifizierter technischer Sicherheitseinrichtung (TSE)
    3. Allergeninformation: Nachweis über die Erfüllung der Informationspflichten

    Versicherungen und Haftungsrisiken

    Zur Absicherung betrieblicher Risiken empfehlen sich:

    • Betriebshaftpflichtversicherung
    • Rechtsschutzversicherung
    • Inhalts- und Betriebsunterbrechungsversicherung
    • Cyber-Risiko-Versicherung (besonders bei Online-Buchungssystemen)

    Mitarbeiterrechtliche Besonderheiten

    In der Gastronomie bestehen besondere arbeitsrechtliche Anforderungen:

    1. Arbeitszeitgesetz: Beachtung der Sonderregelungen für das Gastgewerbe (§ 14 ArbZG)
    2. Minijob-Regelungen: Seit Oktober 2022 gilt eine erhöhte Verdienstgrenze von 520 Euro
    3. Trinkgeldbehandlung: Nach § 107 Abs. 3 GewO steht Trinkgeld grundsätzlich den Mitarbeitern zu

    Digitalisierung und rechtliche Herausforderungen

    Onlinebuchungssysteme und -bewertungen

    Bei der Nutzung digitaler Buchungsplattformen und dem Umgang mit Online-Bewertungen sind zu beachten:

    1. AGB-Konformität: Prüfung der Vertragsbedingungen von Buchungsplattformen
    2. Datenschutz: DSGVO-konforme Verarbeitung von Kundendaten
    3. Umgang mit Bewertungen: Rechtliche Grenzen bei negativen Bewertungen beachten (BGH, Urt. v. 14.01.2020 - VI ZR 496/18)

    TSE-Kassensysteme

    Seit 2020 müssen Kassensysteme in der Gastronomie mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ausgestattet sein:

    • Schutz vor Manipulation der aufgezeichneten Daten
    • Speicherung jedes Kassenvorgangs
    • Möglichkeit der Datenexportierung für Betriebsprüfungen

    Bei Verstößen drohen Bußgelder bis zu 25.000 Euro.

    Fazit: Rechtssicherheit als Erfolgsfaktor

    Die Beachtung rechtlicher Rahmenbedingungen ist für Gastronomiebetriebe kein notwendiges Übel, sondern ein wichtiger Erfolgsfaktor. Durch frühzeitige Beachtung der hier dargestellten Rechtsvorschriften können nicht nur Bußgelder und rechtliche Auseinandersetzungen vermieden werden, sondern auch Betriebsabläufe optimiert werden.

    Empfehlenswert ist die regelmäßige Überprüfung der rechtlichen Rahmenbedingungen des eigenen Betriebs sowie bei komplexeren Fragestellungen die Konsultation eines auf Gastronomierecht spezialisierten Rechtsanwalts.

    Häufig gestellte Fragen (FAQ)

    Darf ich als Gastronom Bargeld ablehnen?

    Ja, als Gastronom dürfen Sie Bargeld ablehnen, sofern Sie dies vor Vertragsschluss (vor der Bestellung) deutlich kommunizieren. Ohne entsprechenden Hinweis sind Sie zur Annahme von Euro-Bargeld als gesetzlichem Zahlungsmittel verpflichtet.

    Welche Angaben muss ich als Gastronom zu Allergenen machen?

    Sie müssen über 14 Hauptallergene gemäß Anhang II der LMIV informieren. Dies kann durch direkte Angaben auf der Speisekarte, durch gut sichtbare Aushänge oder durch mündliche Auskunft (mit schriftlicher Dokumentation zur Einsicht) erfolgen.

    Benötige ich eine Gaststättenerlaubnis für eine reine Lieferküche ohne Gästebereich?

    Auch für reine Lieferküchen ohne Gästebereich ist in den meisten Bundesländern eine Gaststättenerlaubnis erforderlich. Allerdings können die Anforderungen reduziert sein, da bestimmte Auflagen zum Gästebereich entfallen.

    Wie kann ich mich gegen ungerechtfertigte negative Online-Bewertungen wehren?

    Bei nachweislich falschen Tatsachenbehauptungen können Sie einen Löschungsanspruch geltend machen. Bei subjektiven Meinungsäußerungen sind die rechtlichen Handlungsmöglichkeiten jedoch begrenzt. Eine sachliche Stellungnahme als Antwort auf die Bewertung ist oft die beste Strategie.

    Was bedeutet die TSE-Pflicht für mein Kassensystem?

    Seit dem 1. Januar 2020 müssen elektronische Kassensysteme mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ausgestattet sein. Diese soll sicherstellen, dass jede Transaktion unveränderbar, vollständig und jederzeit nachprüfbar dokumentiert wird.